Kino   
Hollywood   
   
Woody Allen   

 




Am Ende von *Celebrity, *Woody Allens jüngster Komödie über die Unsitten der Großstadtmenschen, sitzt sein von Kenneth Branagh gespieltes Alterego Lee unbegleitet im *Kinosaal. Um ihn herum die stars und fans, die wie er gekommen sind, um einer Filmpremiere beizuwohnen. Erschüttert starrt der erfolglose Schriftsteller auf die Kinoleinwand, auf der in der Anfangsszene des ablaufenden Films ein Flugzeug das Wort ‘help’ am Himmel erscheinen läßt. Gerade hat er seine geschiedene Frau Robin wieder getroffen und an ihrem maßlosen Glück erkennen müssen, wie hoffnungslose unglücklich er selber ist. Hatte er sich am Anfang des Films von ihr trennen wollen, weil er sich hemmungslos den Abenteuern des Lebens - den Frauen und der Kunst - hingeben wollte, muß er nun die Eitelkeit dieses Unterfangens einsehen. Wie sehr das Schicksal seinen Protagonisten eingeholt macht Woody Allen an der Schlaufe sichtbar, die dieses letzte Filmbild an den Anfang seines eigenen Films zurückbindet. Auch Celebrity hatte mit dem Auftauchen der Buchstaben am Himmel eingesetzt. Lee war bei den Dreharbeiten dieser Szene anwesend gewesen. Doch während er damals, seiner männlichen Potenz sicher, der verheissungsvollen Botschaft keine Beachtung schenkte, muß er diese nun unweigerlich auf sich selbst beziehen. Seine Liebesgeschichten sind alle gescheitert, sein Vorhaben, den großen *amerikanischen Roman des ausgehenden Jahrhunderts zu schreiben, auch. Stellvertretend für die Generation der 40jährigen gibt er sich entmutigt und entkräftet einer hilflosen Ratlosigkeit hin.
Woody Allen ist nicht der einzige, der auf die Krise des weissen, bürgerlichen Mannes, die in den letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts besonders virulent geworden ist, reagiert, indem er die traurigen Folgen dieser Kränkung ausschmückt. Am erschütterndsten ist dies Michel Houellebecq mit seinen Elementarteilchen gelungen. Mit einer Frauenverachtung, die in der Gegenwartsliteratur ihres gleichen sucht, wird hier die Schuld für das bedingungslose Unglück der Männer nicht nur dem egoistischen Selbsterfüllungsdrang der Nachkriegsmütter zugeschrieben. Auch dürfen hier nicht nur - wie es seit dem Orpheus-Mythos die Tradition diktiert - die *Geliebten der in ihrer Schöpfungskraft ermatteten Helden schön sterben, damit der Mann am Tod der Frau wieder erstarkt. Houellebecq verbietet uns selbst diesen schaurigen Trost. Er läßt seine erschlafften Männer am Tod der Frauen mit zugrunde gehen und macht daran zudem seine distopische Programatik fest: Am Ende des 20. Jahrhunderts bleibt uns als einziger Ausweg aus der Misere, in die der Humanismus und die *Aufklärung die westliche Kultur gestürzt haben, die radikale Auslöschung des Menschen und dessen Ersetzung durch eine neue Spezie.

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Ausschnitt aus:
Eurydikes starke Schwestern. Gedanken zur Krise der *Männlichkeit im *Hollywood *Kino der 90ger Jahre
Bronfen Elisabeth





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