Kostenfaktor Kenntnismangel
Über die Art und Weise des Web-Auftritts entscheiden hierzulande die Bosse: Das Internet sei
Chefsache, ist die weitverbreitete Meinung. Nur: Gemäss dem Internet-Survey.ZH96, einer repräsentativen Studie über die InternetnutzerInnen im
Kanton Zürich, kennen ein Viertel der NutzerInnen in Kaderpositionen
beispielsweise den Internet-Dienst «Internet Relay Chat» (IRC) nicht - unter dessen SurferInnen sich die lukrativsten WWW-KundInnen befinden. 60% der Kaderleute, die Internet nutzen, haben
diesen Dienst angeblich noch nie «erlebt» (Why use it?). Mehr als ein Drittel der Personen des höheren Kaders geben
an, das Internet sehr häufig aus Neugier zu benutzen. Aber nur
gerade 9% von diesen benutzen das Internet ebenso häufig als Nachschlagewerk.
Die Business-Elite insgesamt und sogar die Internet nutzenden Kaderleute verfügen
also selten über angemessene Kentnisse der dramaturgischen und
didaktischen Funktionsweisen des «neuen» Mediums. Genauso wenig
kennen sie die «Kultur» und «Cybermanners» (Netiquette) der Internet-NutzerInnen.Ein Grossteil der Schweizer Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft
und Kultur scheint sich über die im «Wired» vom vergangenen September einmal mehr beschriebenen, tiefgehend veränderten «New Rules for the New Economy» nicht im Klaren zu sein. Ohne das nötige Internet- und «New Economy»-Wissen lässt sich aber «der Wert» eines WWW-Angebotes kaum erkennen, da viele der Qualitätsmerkmale nur bei
systematischem Betrachten und entsprechendem Know-how ersichtlich werden. Und so lassen sich unkundige MandantInnen
von den reisserischen, «flashigen» Elementen einer Web-Page beeindrucken, die oft alles andere als geschäftsfördernd
wirken: «Ein Blickfang ist etwas sehr Schönes. Nur gibt es auch
Blickfänge, die ablenken, auf die Dauer nerven und die Lesbarkeit
einer Seite stören», meint beispielsweise die WWW-Site-Entwicklerin Simone Demmel in ihrem kürzlich erschienenem Buch zu einem durchdachten Web-Design. Viele der EntscheidungsträgerInnen verstehen sich zudem «von
ihrem Naturell her» als ExpertInnen. Oft verlangen AuftraggeberInnen
selbst bei an sich gelungenen WWW-Sites Änderungen, die nur als «Verschlimmbesserungen» bezeichnet
werden können. Und so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass ein
Web-Auftritt wegen des geringen Urteilsvermögens von Seiten der engagierenden
Partei misslingt. Eine misslungene WWW-Präsentation kann jedoch das Image eines Unternehmens bei den
WWW-SurferInnen schwer schädigen und potentielle, lukrative KundInnen
der virtuellen Zukunft für immer verjagen.Als Qualitätsmerkmale eines gelungenen Web-Angebotes gelten in erster Linie maximale Portabilität der WWW-Seiten (bezüglich Soft- und Hardware), kleinstmögliche Datenvolumina,
einfache Benutzerführung, Interaktivitäts- sowie Kommunikationsmöglichkeiten.
Diese «Hidden Qualities» verursachen bei der Begutachtung einer
neuen WWW-Site durch die AuftraggeberInnen meist keine «Wow-Reaktionen». Die ProduzentInnen erachten diese deshalb häufig
als unnötig.Aber auch die organisatorischen Konsequenzen eines Web-Auftritts werden oftmals vergessen. Der Betreiber eines Online-Buchbestelldienstes macht sich beispielsweise lächerlich, wenn
Bestellungen eines vergriffenen Buchs nicht per E-mail, sondern via «Snail-Mail» oder Fax zurückgewiesen werden.
Schlimmer noch ist der Brauch vieler Schweizer Firmen, E-mails gar nicht oder erst nach Tagen zu beantworten. Eine prompte
Antwort ist hingegen bei allen führenden - vorwiegend US-amerikanischen - Angeboten eine Selbstverständlichkeit. Der Markt
ist global, und gerade die weltoffenen KundInnen immaterieller
Güter der Informationsgesellschaft werden kaum wegen des Fehlens
eines «.ch» im Domainnamen die Konkurrenz meiden; was zählt, ist
das bessere Preis/Leistungs-Verhältnis.
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