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*Autorschaft erscheint in Gottfried Kellers poetologischen Reflexionen sowie in seiner literarischen Beschäftigung mit der Künstlerthematik ausnahmslos an männliche Figuren gebunden. Indem Keller den Künstler als Schöpfer »süßer Frauen*bilder« vergegenwärtigt, bezieht er sich in anspielungsreicher Weise auf Denkfiguren, die in der petrarkistischen Liebeslyrik, dem Mythos von Pygmalion oder in den Erzählungen über die Inspirationskraft der *Musen vorgezeichnet sind. Die Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf folgt dabei einer Dramaturgie der Geschlechter, deren normativer Charakter gerade dort besonders prägnant hervortritt, wo Keller weibliche Figuren in die Position der Autorschaft versetzt. Die Umkehrstruktur macht die Gültigkeit männlicher Autorschaft deutlich. Sie stellt gleichsam die Inszenierung einer verkehrten Welt dar mit dem Ziel, nicht Austauschbarkeit und damit Gleichwertigkeit der Geschlechter in bezug auf die künstlerische Produktion zu illustrieren, sondern vielmehr den Ausschluss der Frau aus der Sprechposition zu sanktionieren. In der Art und Weise, wie Keller die Thematik der Autorschaft gestaltet, geben seine Texte aber zugleich Aufschluss über die Mechanismen der Ausgrenzung, so dass sie in doppelter Weise als Vollzug dieses Vorgangs und als Kommentar lesbar sind.
Die weiblichen Figuren sind bei Keller von der Sprechposition einer männlichen Autorschaft zwar ausgeschlossen, im Ausschluss aber nicht gänzlich zum Verstummen gebracht. Angewiesen auf die Ausdrucksweise der Männer, formulieren sie sich über die Entstellung einer vorgegebenen Sprache, in der sie als andere Stimme blitzhaft aufscheinen. Mit der Ausgestaltung dieser Konstellation verfällt Keller nicht der naiven Fiktion einer authentisch weiblichen Stimme, die sich befreit von sämtlichen kulturgeschichtlichen Vorgaben artikulieren und gleichsam die Wahrheit der Frau zur Sprache bringen könnte. Seine Texte gestalten am Beispiel der weiblichen Stimme vielmehr mit äusserster Konsequenz den problematischen Ort der Frau in einer symbolischen Ordnung, die ihr den Zugang zur *Subjektposition verweigert und sie in dieser Ausgrenzung zugleich für die Aufrechterhaltung ihrer Struktur beansprucht. Die Sprache der Frau wird bei Keller damit nicht zum *utopischen Gegenbild einer anderen Rede, sondern gibt als Rede aus der Position des

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Ausschnitt aus: Stimme und Schrift. *Geschlechterdifferenz und *Autorschaft bei Gottfried Keller
Amrein Ursula





digitale fingerübungen auf traurigen tasten - eine fussnote für schreibhandwerker. *michael böhler elektronisch übermittelt von peter utz
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